Die Welt steht im Kampf gegen eine Pandemie: den Ausbruch von COVID-19. Die Auswirkungen auf unsere Gesundheit, das soziale Leben, die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte sind immens und muten zuweilen beinahe unwirklich an. Regierungen und Zentralbanken ergreifen drastische Massnahmen, die an die globale Finanzkrise erinnern. Wir verstehen, wie schwierig diese Zeiten für unsere Kunden sind und dass die jüngsten Ereignisse auch für Finanzmodelle und deren Anwendung Herausforderungen mit sich bringen. Dies gilt insbesondere für Modelle, die Risiko-Rendite-Abwägungen unterstützen wie z. B. Modelle für die Bereiche Asset Liability Management (ALM). Wir wollen einige dieser Herausforderungen näher beleuchten und so unsere Kunden in diesen bislang beispiellosen Zeiten optimal unterstützen. Ganz speziell gehen wir auf die Frage ein, wie Finanzmodelle in Krisenzeiten anzuwenden sind, wie sich aktuelle Marktentwicklungen im Vergleich zu unseren Szenariomodellen entwickeln und welche Konsequenzen sich aus der Corona-Krise für unsere Szenarien ergeben.

Anwendung von Finanzmodellen in Krisenzeiten

Modelle stellen Vereinfachungen der Realität dar, die wir Menschen entwickeln, damit sie uns bei Entscheidungen über komplexe Sachverhalte helfen. Modelle sind keine Kristallkugel. Sie unterstützen uns bei Entscheidungen, nehmen uns die Entscheidungen aber nicht ab. Modelle sind Sammlungen von Wissen. Durch die Arbeit mit Modellen nutzen wir dieses Wissen nach besten Kräften auf konsistente, objektive, transparente und effiziente Weise.

Mithilfe von Modellen können wir die potenziellen Konsequenzen verschiedenster Entscheidungen unter Heranziehung unterschiedlicher Annahmen quantifizieren, analysieren und vergleichen. Dabei erfahren wir strukturiert, welche Entscheidungen gut und welche Entscheidungen vielleicht nicht funktionieren. Gleichzeitig muss uns bewusst sein, dass Modelle ihre Grenzen haben. Durch unser ständiges Bemühen um Verbesserung lernen und erweitern wir das in unseren Modellen enthaltene Wissen und verbessern so die Qualität der auf der Grundlage dieser Modelle getroffenen Entscheidungen.

Szenario zur Modellierung des Corona-Ausbruchs

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Der australische Premierminister Scott Morrison erläutert die zur Eindämmung von COVID-19 ergriffenen Massnahmen vor einer Grafik mit modellbasierten Szenariosimulationen. Sie stellen dar, wie sich das Virus in Abhängigkeit von alternativen politischen Massnahmen im Laufe der Zeit ausbreitet.

Natürlich sollten Modelle stets auf vernünftige Weise zum Einsatz kommen, vor allem in Krisenzeiten. Von daher stehen Ihnen unsere Experten bei der Definition einiger praktischer Richtlinien zur Modellierung von Finanzmodellen zur Seite. Hierzu ein paar Beispiele:

  • Kombinieren Sie unterschiedliche Szenarioansätze zwecks «Diversifizierung» im Hinblick auf die Stärken und Schwächen verschiedener Methodiken. Kombinieren Sie beispielsweise einen probabilistischen modellbasierten Ansatz mit deterministischen Szenarien, die manuell anhand von Berichten aufgebaut sind.
  • Vergrössern oder entwickeln Sie spezifische negative (Stress-)Szenarien, um ein besseres Risikobewusstsein zu erlangen und die Belastbarkeit von Strategien einem Stresstest zu unterziehen.
  • Vermeiden Sie verhaltensbedingte Verfälschungen, z. B. die Änderung von zugrunde gelegten Hypothesen, um wünschenswerte Ergebnisse zu erzielen.
  • Führen Sie Sensitivitätsanalysen an Modellparametern durch, die für vorgeschlagene Strategien besonders wichtig sind.

Wie sich aktuelle Marktentwicklungen im Vergleich zu unseren Szenariomodellen entwickeln

Basierend auf unserer Erfahrung mit der Erarbeitung und Anwendung von Szenariomodellen und den Erkenntnissen aus früheren Krisen weisen unsere Szenariomodelle Merkmale auf, die im aktuellen Umfeld von besonderer Wichtigkeit sind. Diese Szenariomerkmale sollen bestmöglich abbilden, wie sich wirtschaftliche Variablen und Anlageerträge in der Wirklichkeit verhalten. Nachfolgend finden sich einige dieser Merkmale:

  • Renditen weisen schiefe Verteilungen mit so genannten «fetten» Enden («Fat Tails») auf. Sie basieren nicht auf Normalverteilungen.
  • In Krisenzeiten nehmen Volatilitäten und Korrelationen zwischen verschiedenen Anlagekategorien zu.
  • Unsere Szenarien beruhen auf sehr langfristigen historischen Datenbeständen (die bis ins Jahr 1900 zurückreichen), die ein breit gefächertes Spektrum von Umständen an den Finanzmärkten und Wirtschaftssystemen abdecken.
  • Unsere Szenarien basieren nicht einzig auf historischen Daten, weil wir unsere Szenariomodelle durch zukunftsorientierte Einschätzungen und Expertenmeinungen ergänzen.

Wir haben unsere Rendite-, Zins- und Wechselkursprognosen aus früheren Szenarien mit den jüngsten Finanzmarktentwicklungen am Beispiel eines typischen Portfolios verglichen.

Dabei haben wir festgestellt, dass die aktuellen kurzfristigen Marktentwicklungen (natürlich) sehr extrem sind. Die kurzfristig realisierten Renditen des repräsentativen Portfolios liegen im schlechtesten 1% der Wahrscheinlichkeitsverteilung. Die Ergebnisse zeigen auch, dass sich die realisierten Renditen in ähnlichen Bandbreiten bewegen wie während der globalen Finanzkrise. Dieser Gesichtspunkt ist speziell bei Rebalancing-Entscheidungen relevant.

Doch bei mittelfristiger Betrachtung sind die derzeitigen Marktentwicklungen weit weniger extrem: Der Wert des repräsentativen Portfolios liegt in den mittleren 50% der vor drei Jahren projizierten Wahrscheinlichkeitsverteilung. Für Kunden, die unser Modell als Stütze für ihre Anlageentscheidungen über mittel- bis langfristige Zeithorizonte heranziehen, ist dieser Gesichtspunkt besonders relevant.

Konsequenzen der Corona-Krise für unsere Szenarien

Die Corona-Krise wird sich in nächster Zeit erheblich auf unsere Risiko-Renditeprognosen auswirken. Nach unseren Erwartungen werden unsere Modelle nach der Integration der jüngsten realisierten Marktdaten Ende März auf eine mittelfristige Verschlechterung der Marktentwicklung hinweisen. Die treibende Kraft hinter dieser Verschlechterung stellen die getrübten globalen Konjunkturaussichten dar.

Wir rechnen ferner damit, dass Einschätzungen externer Experten benötigt und herangetragen werden. Dies wird zu einer weiteren Verschlechterung der Aussichten führen. Diese Einschätzungen spiegeln die «exogenen» und schwerwiegenden Auswirkungen von COVID-19 auf die globale Konjunktur, die erwarteten Renditen und die Volatilität an den Finanzmärkten wider. Einige dieser Effekte werden möglicherweise zum Teil durch die starken geldpolitischen und staatlichen Stützungsmassnahmen abgefedert. Klar ist, dass die Corona-Krise der seit zehn Jahren andauernden Hausse ein abruptes Ende gesetzt hat. Eine weltweite wirtschaftliche Rezession erscheint nun unvermeidlich und nimmt durch die Abwärtsrisiken für die Konjunktur konkrete Formen an.

Schliesslich haben in diesen schwierigen Zeiten Objektivität und eine robuste, strukturierte Nutzung von Daten, das in den Modellen enthaltene Wissen und erfahrene Mitarbeitende, die Ihre Herausforderungen verstehen, massgebliche Bedeutung bei dem Versuch, die angemessensten Anlageentscheidungen zu treffen. Wir, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ortec Finance, und unsere Modelle stehen Ihnen wie gewohnt zur Verfügung.

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